Kerscht: Mehrgeschossigkeit begegnet Wohnflächenmangel und schont wertvollen Boden
Auf Antrag der Ratsfraktion der Grünen befasst sich der Rat der Stadt Essen am 27.2.2019 mit der Gewinnung von Wohn- und Gewerbeflächen auf bisher eingeschossigen Supermärkten oder Gewerbebauten. Dazu erklärt Christoph Kerscht, planungspolitischer Sprecher der Ratsfraktion der Grünen:
„Dem Mangel an neuen Wohnbau- und Gewerbeflächen kann wirksam begegnet werden, wenn auf bislang eingeschossigen Supermärkten Wohnungen oder Büros errichtet werden. Dadurch wird auch eine weitere Flächenversiegelung verhindert. Angesichts steigender Grundstückspreise besteht hier nach unserer Einschätzung in Essen ein riesiges Potential zur Gewinnung von neuen Wohn- und Gewerbeflächen.
Diese Form der Mischnutzung stößt auch auf ein zunehmendes Interesse von Supermarktbetreibern. So zeigen mehrere Projekte in anderen deutschen Städten, dass sich hier für Discounter wie Lidl und Aldi ein neues Geschäftsmodell entwickelt. Partner sind dabei häufig die kommunalen Wohnungsgesellschaften. Auch in Essen wünschen wir uns eine Zusammenarbeit zwischen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Allbau sowie dem Supermarktbetreiber.“
Die Ratsfraktion der Grünen beantragt, dass die Stadtverwaltung systematisch die Möglichkeiten einer intensiveren Nutzung bisher eingeschossig gewerblich genutzter Areale im Hinblick auf zwei- oder mehrgeschossige Aufstockungen bzw. Neubauten überprüft. Außerdem sollte generell künftig planerisch bei Neubauten festgelegt werden, dass Supermärkte und verträgliche Gewerbebetriebe gemeinsam mit Wohnungen oder Büroräumen in zwei- oder mehrgeschossigen Gebäudekomplexen errichtet werden.
Der Wortlaut des Antrages der Ratsfraktion der Grünen lautet:
TOP 11: Schaffung von Wohn- und Gewerbeflächen auf Dächern von Supermärkten
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt, der Rat der Stadt Essen beschließt:
Die Verwaltung wird aufgefordert,
- die Möglichkeiten einer intensiveren Nutzung bisher eingeschossig gewerblich genutzter Areale im Hinblick auf zwei- oder mehrgeschossige Aufstockungen bzw. Neubauten zu prüfen. Höhe, Struktur und Umfang haben sich dabei an der Umgebungsbebauung zu orientieren.
- zu prüfen, wie bei Neubauten festgelegt werden kann, dass Supermärkte, verträgliche Gewerbebetriebe sowie Infrastruktureinrichtungen gemeinsam mit Wohnungen oder Büroräumen in zwei- oder mehrgeschossigen Gebäudekomplexen errichtet werden.
Begründung:
Um dem Mangel an neuen Wohnbauflächen zu begegnen, wird in mehreren deutschen Städten geprüft, inwieweit eingeschossige Supermärkte mit Wohnungen aufgestockt werden könnten. Diese Form der Mischnutzung stößt angesichts steigender Grundstückspreise aber auch auf ein zunehmendes Interesse von Supermarktbetreibern.
Der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt am Main hat auf Antrag der Fraktionen CDU, SPD und Grüne am 8.11.2018 die Verwaltung beauftragt, die Möglichkeiten einer intensiveren Nutzung bisher eingeschossig oder zweigeschossig gewerblich genutzter Areale im Hinblick auf mehrgeschossige Aufstockungen bzw. Neubauten zu prüfen. Laut der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeiner Zeitung vom 4. 12. 2018 hat eine derartige Überprüfung durch das Frankfurter Planungsdezernat ergeben, dass sich von 82 eingeschossigen Märkten 51 in Wohnlagen befinden. Berücksichtige man Kriterien wie das Alter der Bausubstanz und die jeweilige Zahl der potentiellen Wohnungen, blieben noch 19 „vielversprechende“ Standorte übrig. Auf diesen Grundstücken könnten etwas mehr als 1000 Wohnungen entstehen, wenn die Eigentümer, also jene der Supermärkte, mitmachten. In den nächsten Monaten wolle das Baudezernat mit sieben Märkten Gespräche aufnehmen.
In dem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 4.12.2018 heißt es weiter, dass die Discounter-Kette Lidl für 2019 den Bau eines neuen Gebäudes an der Mainzer Landstraße plane. Die dort bestehende Filiale soll abgerissen werden. Im Zuge des Neubaus sollen auf dem Grundstück 110 Wohnungen entstehen, 40 über dem Markt und 70 weitere in einem separaten Gebäude, das dann von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG übernommen werden soll. Außer Lidl hätten sich auch andere Supermarkt-Ketten wie Rewe, Tegut, Norma und Aldi mit dem Konzept der Mischnutzung angefreundet. Tegut habe es in Frankfurt am Gravensteiner Platz schon verwirklicht, Rewe an der Maybachstraße.
Laut der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 5.8.2018 gilt in Deutschland Lidl als Vorreiter beim Neubau „gemischt genutzter Handelsimmobilien“. Der Discounter plane und baue derartige Projekte unter anderem in Frankfurt, Hamburg, München, Düsseldorf und Berlin. „In den nächsten Jahren werden mit Sicherheit mehr als 2000 Wohn- und Gewerbeeinheiten in ganz Deutschland entstehen“, sagt Alexander Thurn, der Geschäftsleiter Immobilien bei Lidl Deutschland laut dieser Quelle.
In Berlin ist die bessere Nutzung des Wohnungsbaupotenzials über Lebensmittelmärkten schon seit längerem ein wichtiges Thema. So fand im Juni 2017 auf Einladung von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher der erste „Supermarktgipfel“ statt. Bei diesem Expertenhearing kamen Vertreterinnen und Vertreter der Lebensmittel-Filialunternehmen, des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, der IHK Berlin, der Bezirke, der Immobilienentwicklung sowie der Wohnungswirtschaft zusammen, um über Konzepte zu diskutieren, mit denen insbesondere Wohnungsbau über Lebensmittelmärkten realisiert werden kann. Die Ergebnisse dieses Gipfels sowie ein Leitfaden mit vorbildlichen Projektbeispielen sind auf der Homepage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen dokumentiert (siehe: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/stadtentwicklungsplanung/de/zentren/handelsimmobilien.shtml )
Der Deutschlandfunk zitiert Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher in seiner Online-Ausgabe vom 30.05.2018 folgendermaßen: „330 Standorte über Supermärkten und Discountern, die wir grundsätzlich für bebaubar halten mit mehrgeschossigen Wohnhäusern, wenn man dann also 50 bis 100 Wohneinheiten je Standort ansetzt, dann entsteht ein rechnerisches Potenzial, was bei 15.000 anfängt und bei 36.000 Wohnungen endet.“ 50 Projekte seien zurzeit in Arbeit, so die Senatorin. Die Stadtplanungsämter in den Bezirken verhandelten mit den Lebensmittel-Discountern.
Laut Süddeutscher Zeitung vom 23.11.2018 will der Discounter Aldi Nord in Berlin an mindestens 30 Standorten in den nächsten fünf bis sieben Jahren auf oder neben seinen Filialen etwa 2000 Wohnungen errichten.
Laut Online-Ausgabe des Stern vom 25.1.2019 will die Stadt Hamburg Supermarktketten zukünftig nur einen Neubau oder Modernisierungen genehmigen, wenn über den Filialen Wohnraum geplant wird. Im Stadtteil Eimsbüttel sind derlei Wohnungsforderungen schon an jeden Bauantrag großer Handelsketten geknüpft.
Laut Süddeutscher Zeitung vom 23.1.2019 plant der Lidl-Konzern in München mehrere neue Supermärkte mit Wohnungen zu kombinieren. An der Tübinger Straße soll eine bestehende Lidl-Filiale abgerissen und durch einen neuen Supermarkt und darüber 10.000 Quadratmeter Wohnraum ersetzt werden. Dabei plant Lidl eine Kooperation mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag. Darüber hinaus seien in München weitere Lidl-Standorte mit ergänzender Wohn- und oder Bürobebauung in Vorbereitung.
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„Die Stadt Essen sollte eine ökologisch ausgerichtete städtische Stellplatzsatzung erstellen. Eine Stellplatzsatzung regelt, wie viele Stellplätze im privaten Raum beim Neu- und Umbau von Gebäuden hergestellt werden müssen. Die Stellplatzanforderungen sollten an die Angebotsqualität beim ÖPNV und Radverkehr angepasst werden. Immobilienbesitzer mit nahgelegenen Haltestellen mit gutem ÖPNV-Angebot, gut ausgebauten Radwegen oder einem guten Car-Sharing-Angebot können so von kostentreibenden Anforderungen zum Bau von Garagen entbunden werden. Auch für Arbeitgeber mit einem hohen Anteil an Job-Ticket-Inhabern kann dies zu einer Kostenentlastung führen.
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